T 116/18 – Vorabentscheidungsersuchen an die Große Beschwerdekammer zur Verwendung von nachveröffentlichten Beweismitteln – Plausibilität

Die technische Wirkung bestimmter Merkmale in einem Anspruch ist ein Eckpfeiler bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit, insbesondere wenn sie sich als überraschend erweist.  Es ist jedoch gelegentlich strittig, inwieweit die technische Wirkung durch das betreffende Merkmal verursacht wird oder ob das Merkmal ausreicht, um die technische Wirkung zu verursachen.  Dies kann prinzipiell durch die Vorlage von Beweisen, z. B. experimentellen Daten, zum Nachweis einer solchen Wirkung geklärt werden.  Es stellt sich die Frage, wie mit Beweismitteln umzugehen ist, die erst nach dem Anmeldetag des Streitpatents veröffentlicht wurden (nachveröffentlichte Beweismittel):

Die Technische Beschwerdekammer 3.3.02 hat der Großen Beschwerdekammer folgende Fragen zur Entscheidung vorgelegt:

  1. Ist eine Ausnahme vom Grundsatz der freien Beweiswürdigung (vgl. z.B. G 3/97, Gründe 5, und G 1/12, Gründe 31) dahingehend zu bejahen, dass nachveröffentlichte Beweismittel mit der Begründung unberücksichtigt bleiben müssen, dass der Nachweis der Wirkung ausschließlich auf den nachveröffentlichten Beweismitteln beruht?
  2. Falls die Frage bejaht wird (die nachveröffentlichten Beweismittel müssen außer Acht gelassen werden, wenn der Nachweis der Wirkung ausschließlich auf diesen Beweismitteln beruht), können die nachveröffentlichten Beweismittel berücksichtigt werden, wenn der Fachmann am Anmeldetag der Streitpatentanmeldung aufgrund der Angaben in der Streitpatentanmeldung oder des allgemeinen Wissensstandes die Wirkung für plausibel gehalten hätte (ab initio-Plausibilität)?
  3. Können, falls die erste Frage zu bejahen ist (die nachveröffentlichten Beweismittel sind außer Acht zu lassen, wenn der Nachweis der Wirkung ausschließlich auf diesen Beweismitteln beruht), die nachveröffentlichten Beweismittel dann berücksichtigt werden, wenn der Fachmann am Anmeldetag der Streitpatentanmeldung aufgrund der Angaben in der Streitpatentanmeldung oder des allgemeinen Fachwissens keinen Anlass gesehen hätte, die Wirkung für unplausibel zu halten (ab initio-Unplausibilität)?

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